In jedem Jahr danken wir Mitglieder, die dem DJV schon seit 25, 40, 50, 60, 65 oder sogar 70 Jahren die Treue halten.
Einige der 2024 geehrten Kolleginnen und Kollegen stellen wir Ihnen hier vor, jeweils in ihren eigenen Worten zu Werdegang und Erfahrungen - und auch mit Appellen.
Hannes ALBERS - 65 Jahre
In der Rückschau eines alten Mannes im Alter von 86 Jahren ist meine wichtigste journalistische Station die Volontärs-Ausbildung beim Flensburger Tageblatt zwischen 1958 und 1960 gewesen. Wir hatten damals verantwortungs-bewußte Ausbilder, die nicht auf Quoten und Auflagen schielen mußten, sondern uns junge Volontäre.Innen zu Sorgfalt und Fairnis anhielten und die vor allem in uns das demokratische Bewußtsein für die neu-erkämpfte Nachkriegs-Demokratie geformt haben. Diese Ausbilder waren durch die Hölle der Dritten Reiches gegangen. Das Bewußtsein für die Werte des Grundgesetzes habe ich auf dieser Ausbildungs-Basis bis heute verinnerlicht. Eine Haltung dieser Art ist Vielen, finde ich, in der Gegenwart abhanden gekommen. Den kämpferischen Einsatz für die liberale Demokratie vermisse ich bei vielen Jungen im heutigen Journalismus. Sorglosigkeit und Nachlässigkeit gegenüber den Populisten von Rechts haben inzwischen dazu beigetragen, daß diese liberale Demokratie gefährdet ist.
Nach den Flensburger Zeit wurde ich in Lübeck in die nasse Trave und das kalte Ostseewasser geworfen. Als Korrespondent für dpa und das Hamburger Abendblatt, damals noch ohne Auto, habe ich den harten Alltag in der Provinz erlebt. Für das Hamburger Abendblatt, einst eine Mittagagszeitung, musste ich die Berichte ab 5 Uhr morgens einer Sekretärin des Blattes am Telefon diktieren. Fotos brachte in anschließend per Bundesbahn und Taxi in das Entwicklungs-Labor des Springerhauses in Hamburg. Die Höhepunkte in dieser Zeit waren die Besuche von Willy Brandt bei seiner Mutter in Lübeck, jeweils zum Wahlkampf-Abschluß, und der Schah-Besuch im altehrwürdigen Lübecker Rathaus und der berühmten Marienkirche mit einem Orgelkonzert am 3. Juni 1967, dem letzten Besuchs-Tag in Deutschland. In Berlin waren zuvor die Proteste gegen den Schah eskaliert und der Student Benno Ohnesorg erschossen worden. Diese Ereignisse sollten Westdeutschland in den Folge-Jahren dramatisch verändern.
Später ging der aktive Journalismus bei mir über in ein Engagement für ein eigenes Pressebüro und eine eigene Werbeagentur, BALTIC, mit Kunden in Deutschland, Dänemark, Schweden und Finnland. Marketing und Werbung steckten damals in den Kinderschuhen, die Etats waren sehr überschaubar klein. Durch den Kontakt mit Textern und Grafikern glitt ich unversehens über in eine eigene Galerie: Diese begründete ich 1977 im Torhaus von Gut Panker an der Hohwachter Bucht. In der Nachbarschaft von Schloss, Historischer Gäststätte und einem berühmten Trakehner-Gestüt. Später zwangen die wirtschaftliche Entwicklung nach der Wieder-Vereinigung mich und meine Frau Hannelore Stamm 1999, unseren westdeutsch-geprägten Kundinnen und Kunden in den Osten zu folgen, nach Usedom. Schleswig-Holstein verlor in jenen Jahren viel Publikum. Das spürte auch der Galerist. Auf Usedom feierten (viele alte) Kunden und die Galeristen fröhlich ein Wiedersehen. Die aktive Zeit im Usedomer Kunst-Kabinett in Benz dauerte dann von 1999-2018. In dieser Zeit entwickelten wir uns zu einem gesamtdeutschen Kunsthandel.
Diese Galerie in einem Rohrdachhaus lag neben der Benzer Kirche Sankt Petri, einer der Lieblingskirchen des heute weltberühmten Bauhaus-Künstlers Lyonel Feininger (1871 New York 1956). Der damals noch unbekannte Maler besuchte Usedom und Swinemünde zwischen 1908 bis 1913 von Berlin aus, per Eisenbahn mit seinem berühmten Fahrrad Cleveland Ohio im Gepäckwagen, zu jährlichen Malaufenthalten. Hunderte seiner Skizzen waren die Basis für spätere Werke in seinen Ateliers in Berlin, Weimar, Dessau oder New York. Sie hängen heute in weltbekannten Museen und Sammlungen. Seitdem läßt Feininger mich nicht mehr los.
Der liberal-geprägte Holsteiner leidet heute, abseits dieser Beschäftigung, allerdings sehr intensiv an der allseitigen Verseuchung der Ostländer durch die AFD, die häufig auch von Journalisten.Innen sorglos, ja verantwortungslos, befördert wird. Die Volontärzeit beim Flensburger Tageblatt wirkt nach. Die Urne wird deshalb eines Tages, in ein freiheitlich-geprägtes Gebiet, an die Hohwachter Bucht reisen.
Hermann BERND - 25 Jahre
Vor 25 Jahren sprach mich in Erfurt ein Journalistenkollege an und fragte, ob ich nicht Mitglied im dortigen DJV-Landesverband werden wolle. Nach einem intensiven Gespräch hatte er mich überzeugt. Überhaupt war 1999 ein besonderes Jahr! Die CDU errang mit Bernhard Vogel die absolute Mehrheit bei der Landtagswahl, Weimar war Kulturhauptstadt Europas und feierte das mit grandiosen Veranstaltungen. Aufbruchsstimmung in Ostdeutschland! 25 Jahre ist das her – wie anders war damals die gesellschaftliche und politische Stimmung in Thüringen!
Die Zusammenarbeit mit dem DJV war zu jener Zeit aber nicht immer reibungslos. Bei einigen Diskussionen vor Ort wurde schon angedeutet, dass ich keine ostdeutsche Biographie habe und viele Dinge vor Ort deshalb nicht wirklich beurteilen könne. Auch deshalb war mir immer wichtig, keinem Thema aus dem Weg zu gehen und aus meiner Perspektive auf Land und Leute zu blicken.
1980 habe ich als Hospitant beim Südwestfunk in Mainz meine ersten Erfahrungen bei Hörfunk und Fernsehen gesammelt. Volontariat 1986 in Baden-Baden, danach als Redakteur und Moderator bei SWF3, mit Hans Peter Stockinger als motivierendem Chef. Ab 1991 im ZDF, erst im Heute Journal, dann als Reporter in NRW, ab 1997 Studioleiter in Thüringen, 2006 Redaktionsleiter in Mainz – und seit 2011 in Kiel.
Die letzte Station war noch einmal richtig spannend. Skandinavien, Breiviks Terror in Norwegen, im Inland drei Landtagswahlen mit den bekannten Protagonisten, Stegner, Habeck, Günther, Kubicki usw.! Dazu Tourismus im Norden, die Coronaberichterststattung – langweilig war es nie.
Und immer wieder motivierende Gespräche mit Kolleginnen und Kollegen! Dank dafür! Leider hatte ich in jenen Jahren zu wenig Gelegenheit mich beim DJV mehr zu engagieren.
Seit etwas mehr als einem Jahr bin ich jetzt im Ruhestand. Es fühlt sich immer noch etwas fremd an, obwohl ich auf die Zeit nach dem Berusleben vorbereitet hatte. Die Kolleginnen und Kollegen vermisse ich schon sehr. Umso mehr freue ich mich aber, dass ich an der Fachhochschule in Kiel und an der Uni mit jungen Leuten zusammenarbeiten kann. Zweimal in der Woche machen wir Filme und Interviews unter Studiobedingungen. Und ich sehe und erlebe viele junge Talente. Vielleicht damit auch neue Mitglieder im DJV.
Emilia del CARMEN MALLEA FLORES - 25 Jahre
Ich bin Ende der 90er Jahren Mitglied vom DJV geworden. Ich hatte mein Volontariat im Pressebüro Wolgast in Hamburg absolviert. Thomas Wolgast war der Chefredakteur dieser Redaktion. Er war Hamburg-Korrespondent von FAZ, Deutschlandfunk und 16 regionalen Zeitungen.
Als ich Mitglied des DJV Hamburg wurde, war ich auch in der Akademie der Publizistik von Hamburg in der journalistischen Ausbildung tätig. Ich vertrat damals schon den chilenischen Radiosender “Radio Cooperativa” von Hamburg aus als Auslandskorrespondentin des Pressebüros Wolgast.
Thomas Wolgast hatte damals auch den Radiosender der Deutschen Welle für Lateinamerika in Köln kontaktiert. Da er den Deutschlandfunk vertrat, hat er gleich den Auftrag für Hamburg bekommen. Wir haben auch diese Arbeit als Team übernommen, denn er sprach nicht spanisch. So haben wir gemeinsam gearbeitet, er auf deutsch und ich bearbeitete alles auf spanisch.
Wir konnten zahlreiche Radiobeiträge für den Radiosender der Deutschen Welle
auch beim NDR bearbeiten und senden. Es handelte sich um lange Radiobeiträge über Lateinamerika in Hamburg, die auf spanisch zu veröffentlichen waren. Wir haben in Hamburg zahlreiche interessante Themen gefunden, haben interessante Interviewpartner kontaktiert und gute O-Töne eingesammelt.
Wir waren beim Völkerkundemuseum, wo eine Ausstellung über Mexiko stattfand. Wir interviewten die Intendantin des Museums, die spanisch sprach. Thomas hat mit mir alles auf deutsch bearbeitet und auch die Fragen mit mir diskutiert. Dann musste ich das Interview auf spanisch durchführen. Das waren meine ersten Interviews, die ich ganz allein und selbstständig auf spanisch gemacht habe.
Genau so war die Begegnung mit einem sehr berühmten Bankier der Dresdner Bank Lateinamerika am Jungfernstieg, Helmut Fröhlich. Auch hier hatte Thomas hatte alles organisiert und alle Türen geöffnet. Er war ein renommierter Journalist, der überall in Hamburg bekannt war. Herr Fröhlich sprach sehr gut spanisch, da er viele Kunden aus Lateinamerika betreuen musste. Er war gut informiert über die ökonomische Entwicklung in der Region und wurde sogar von lateinamerikanischen Präsidenten empfangen. Herr Fröhlich erlaubte uns sogar, an einer Sitzung mit Aktionären teilzunehmen.
Selbst für Thomas Wolgast war es das erste Mal, dass er in solchen hohen Bankierskreisen zu tun hatte. war. Am Ende der Sitzung war ich dran. Ich habe mit Herrn Fröhlich ein tolles Gespräch auf spanisch über die Wirtschaft in Lateinamerika geführt.
Wir mussten solche Radiobeiträge bearbeiten und mit O-Tönen vermischen. Deshalb haben wir alles beim NDR in Rothenbaum bearbeitet und produziert. Thomas gehörte zu den ARD-Sendern, deshalb durfte er den Service vom NDR für die Arbeit der Deutschen Welle nutzen. Die Beiträge waren immer mindestens zehn Minuten lang. Es war tierisch viel Arbeit und ich konnte sehr gut verdienen. So war mein Anfang als Auslandskorrespondentin.
Thomas Wolgast hat auch Günter Grass kontaktiert und wollte, dass ich den wichtigsten deutschen Schriftsteller interviewe. Das war das größte Interview, das ich je gemacht habe. Wir haben mit Thomas dieses schwierige Interview bearbeitet. Wir haben zusammen eine lange Liste von Fragen aufgestellt. Aber ich musste allein zu Günter Grasse fahren. Er hatte seine Werkstatt in Ballindamm bei Lübeck, wo er wohnte. Da habe ich einen wunderbaren Samstagnachmittag mit Günter Grass verbracht. Es waren ein Gespräch von viele Stunden, das ich zu einem tollen Artikel
bearbeitet habe. Alles war viel Arbeit und große Herausforderung, die ich an der Seite meines tollen Journalistenkollegen meistern konnte.
Ich war 20 Jahre Auslandskorrespondentin für den chilenischen Radiosender “Radio Cooperativa”, zunächst von Hamburg aus, dann in Berlin. 2002 bin ich offiziell als chilenische Korrespondentin für den chilenischen National Fernsehsender
nach Berlin gegangen und wurde auch offiziell beim Bundespresseamt angemeldet. Dann konnte ich auch für die chilenische Zeitung “El Mercurio” Revista “Cosas” oder Revista “Caras-Chile” berichten. Ich habe mich in Berlin mit einem Pressebüro etabliert. Als Auslandskorrespondentin musste ich hauptsächlich über Politik oder Wirtschaft berichten. Aber auch Kultur, Sport und Vermischtes
gehörten zu meiner Arbeit.
Auch das Filmfestival “Berlinale” immer wieder gecovert. Ich konnte zahlreiche berühmte Schauspieler und Regisseure kennenlernen und interviewen. Es gab
das ganze Jahr über viele Veranstaltungen. Ich hatte als Journalistin immer einen festen Terminplan. Das Kanzleramt war stets das Wichtigste, wo viele wichtige internationale Begegnungen geschahen, viele Besuche von wichtigen Persönlichkeiten. Auch die ganzen großen Veranstaltungen von Unternehmerverbänden wie BDI oder Wirtschaftsrat der CDU usw.
Ich habe eine sehr lange Liste von Interviews mit wichtigen Persönlichkeiten. Berlins Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit habe ich sogar sechs Mal interviewt. Er ist sehr international und wichtig wegen Wiedervereinigung geworden. Ich bin auch drei Bundeskanzlern begegnet: Helmut Kohl, Gerhard Schröder und Angela Merkel. Zahlreiche Bundesminister und Ministerpräsidenten konnte ich interviewen. Auch den Bruder von Papst Benedikt, Georg Ratzinger; ich war bei ihm zu Hause in
Regensburg. Giorgio Armani interviewte ich, als der berühmte Designer sein 30-Jahr-Jubiläum seiner Arbeit in Berlin feierte. Ich veröffentlichte große Artikel über ihn.
Einmal begleitete ich den Ersten Bürgermeister von Hamburg, Ortwin Runde, auf einer Delegationsreise nach Santiago de Chile. Jürgen Heuer war damals Chefredakteur des Hamburger Journals vom NDR, auch er war auf dieser Südamerikareise dabei. Da ich schon ein Praktikum bei ihm absolviert hatte, bat er mich, ihn bei der Reise in Chile zu unterstützen. Er konnte nicht spanisch und wusste nichts von Chile. Ich konnte als Journalistin viel selbstständige Arbeit machen, Jürgen Heuer hat sich vollkommen auf mich gestützt. Die Veranstaltungen in Santiago und Valparaiso mit dem Hamburger Bürgermeister waren ein großer Erfolg – und eine sehr interessante Erfahrung für mich als Journalistin.
Hanns-J. NEUBERT - 25 Jahre
Wie schnell die Zeit vergeht. Mit meinem Eintritt in den DJV vor 25 Jahren begann meine vierte Karriere - nämlich als freier Wissenschaftsjournalist.
Nach den Studium der Meereskunde folgten beruflich aber zunächst Meeres- und Polarforschungsreisen, danach Hospitationen, die zu Fernsehmagazinen und Dokumentarfilmen führten, gefolgt von einer Anstellung als Pressesprecher einer Bundesbehörde.
Eigentlich dachte ich damals, dass sich im DJV angestellte Redakteure und freie Journalisten respektvoll auf Augenhöhe begegnen würden. Diese Erwartung wurde leider nicht erfüllt, wie sich konkret in oft sehr zähen Honorarverhandlungen herausstellte. Respektvolle, vertrauensvolle und faire Beziehungen entstanden eher außerhalb des DJV. Vielleicht auch, weil Wissenschaftsjournalisten im DJV eher Exoten sind.
So will ich nach 25 Jahren denn auch nicht klagen. Immerhin lernte ich durch die Mitgliedschaft im DJV meine Rechte als Journalist überhaupt erst einmal kennen. Das half mir später, sie auch durchzusetzen - wobei manchmal schon die "Drohung" mit dem DJV half, manchmal die wertvollen justitiarischen Tipps.
Jobmäßig wurde es für einen Wissenschaftsjournalisten im vergangenen Vierteljahrhundert immer spannender. Ständig neue wissenschaftliche Erkenntnisse liefern reichlich Stoff, um dauernd dazu zu lernen. Es ist einfach spannend, den (Fort-) Schritten der Forschung zu folgen, die dem Weltverstehen immer wieder neue Puzzleteile hinzufügen. Jedes neue Puzzleteil eröffnet wieder andere, oft unerwartete Perspektiven. Der Wissenszuwachs macht die gewaltig großen oder unsichtbar kleinen Zeit- und Raumskalen jenseits des subjektiven Erlebens bewusster, führt zu neuen intellektuellen Standorten und Selbsteinordnungen. Als Journalist die Freiheit zu haben, zu lernen, innerlich zu wachsen und auf Reisen mitteilbare Erfahrungen zu machen, ist ein Geschenk, das viele schreiberischen und finanziellen Frustrationen aufwiegt.
In den letzten vielleicht fünf bis zehn Jahren rutschte ich zunehmend in Klimathemen, meinem ganz speziellen Sujet. Denn die kommenden Klimaänderungen waren bereits Vorlesungsstoff während meines Ozeanographiestudiums in den 1970er Jahren.
Der erste große Anlauf des ZDF, den Klimawandel 1978 an zwei Abenden in der Primetime zum Thema zu machen, verpuffte damals. Bis ins neue Jahrtausend hinein interessierte sich kaum eine Redaktion für Klimathemen. Umweltverschmutzung und Naturschutz ja, aber Klima?
Heute fühlt sich offenbar jeder Journalist dazu berufen, irgend etwas mit Klima zu machen. Das ist gut. Dennoch habe ich Probleme mit vielen der Beiträge.
Besonders dann, wenn sich zeigt, dass Kollegen Schwierigkeiten mit einfachen physikalischen Gesetzmäßigkeiten haben, dass ihnen die Ausmaße von Zeit- und Raumdimensionen unklar, die methodische Vorgehensweise in den Naturwissenschaften oder der Unterschied zwischen Prognose und Szenarium unbekannt sind. Dann werden Fakten schnell entweder dramatisiert oder heruntergespielt, was Leser, Zuhörer und Zuschauer entweder hysterisch oder lethargisch macht. Beides lähmt und verhindert kundige öffentliche Debatten und Diskurse.
Manchmal wünsche ich mir heute, dass sich Kollegen und Redaktionen mehr Zeit nehmen, die Klimathemen wirklich zu durchdringen und das Problem der Erderwärmung nicht als eines von vielen anzusehen, sondern als das entscheidende. Es geht hier nicht um eine kurzfristige Klima-Krise, die, wie alle Krisen, schnell vorüber geht. Es geht um einen tiefgreifenden Wandel, der allerdings auch nicht in einer Katastrophe enden wird.
Wolfgang POLTE - 60 Jahre
Jörg SCHLÖMANN - 40 Jahre
„Du warst ein Wühler“, meinte ein Kollege bei meiner Verabschiedung aus dem Berufsleben. Ich war ein wenig stolz auf diese Beurteilung meiner Arbeit und freute mich darüber. Der Mann hatte tatsächlich mit nur vier Worten beschrieben, was mich mehr als 40 Jahre angetrieben hatte: Freude und Genugtuung, wenn es mir gelungen war, ans Licht der Öffentlichkeit zu zerren, was andere gerne unter den Teppich gekehrt hätten. Das war schon so im Volontariat bei den Kieler Nachrichten und blieb auch so bei BILD in Hamburg, der BZ in Berlin und dem Hamburger Abendblatt.
In diesem Sinne wünsche ich allen aktiven Kolleginnen und Kollegen, auch Wühler zu sein; denn angesichts von Fakenews, Hass und Hetze sowie der Verunglimpfung unseres Berufsstandes als Lügenpresse müssen wir mit einer schlagkräftigen Phalanx dagegenhalten.
Volker SCHÖNENBERGER - 25 Jahre
Ein Vierteljahrhundert DJV-Mitglied – wer hätte das gedacht? Die Nachricht übers Jubiläum kam überraschend, aber mit ihr kehrte auch schnell die Erinnerung an 1999 zurück. Damals wurde ich bei meiner ersten journalistischen Station als Pauschalist in der Redaktion einer Lokalzeitung im Hamburger Speckgürtel gleich mit dem Thema Scheinselbstständigkeit konfrontiert.
Anschließend war ich als Textredakteur vom Auflagenschwund auf dem umkämpften Markt der Fernsehzeitschriften betroffen, ließ mich in den Betriebsrat wählen und beteiligte mich an der Verhandlung von Sozialplänen, um den Arbeitsplatzverlust von Kolleginnen und Kollegen zumindest ein wenig abzufedern. Der letzten Kündigungswelle fiel dann auch ich zum Opfer, als Betriebsratsvorsitzender machte ich quasi in der Redaktion das Licht aus. Als bei meiner nächsten Station als Redakteur (ein kurzlebiger Onlineshop für Videospiele) ein Konzern als Mehrheitseigner einstieg, initiierte ich zügig die Gründung eines Betriebsrats und wurde ebenso zügig (am nächsten Tag) deswegen gefeuert. Über weitere Tätigkeiten ging es in die Freiberuflichkeit. Zuvor hatte ich in einer leider längeren Phase der Arbeitslosigkeit den Filmblog „Die Nacht der lebenden Texte“ gestartet, frei nach der Devise: Wenn man mich schon nicht mehr fürs Schreiben über Filme bezahlen will, schreibe ich eben aus eigenem Antrieb weiter. Ich führe den Blog bis heute nichtkommerziell weiter. Er sei all jenen ans Herz gelegt, die gern qualifizierte Filmrezensionen lesen: dienachtderlebendentexte.wordpress.com
Das vergangene Vierteljahrhundert war sicher nicht nur bei mir vom stetigen Wandel geprägt, verursacht nicht zuletzt durch den technischen Fortschritt. Erst das Internet mit dem Aufkommen von Websites voller kostenlos verfügbarer Informationen, Texte und (Bewegt-)Bilder, dann die Sozialen Medien, mittlerweile auch KI. Im technischen Fortschritt liegen wohl einige der Herausforderungen, die Journalist*innen weiterhin bewältigen müssen. Ebenso in der Informationsflut. Wie finden wir Gehör? Wie erreichen wir unsere Leser*innen? Wie erlangen/erhalten wir unsere Glaubwürdigkeit?
Abschließend ein paar Worte zum DJV: Ich bin und bleibe gern Mitglied, zum einen, weil Solidarität wichtig war, ist und bleiben wird. Zum anderen aber auch, weil ich mich unter den Fittichen des DJV Hamburg (heute DJV Nord) stets gut aufgehoben gefühlt habe, sei es in Sachen Rechtsberatung und Rechtsbeistand, sei es schlicht als Mitglied. Und das auch und insbesondere in Zeiten der Not. Das Team Rödingsmarkt wird bei mir immer einen Stein im Brett haben.
Rüdiger STRAUB - 40 Jahre
Auf einmal liegt da die Post vom DJV auf unserem Küchentresen: eine Gratulation zu 40 Jahren Mitgliedschaft. Die beigelegte Urkunde und die Ehrennadel wirken ein wenig aus der Zeit gefallen.
Das Innehalten und die Erinnerung folgen ein paar Tage später. Über 60 Jahre alt bin ich und jetzt 40 Jahre im Medienbetrieb, heute mit einer eigenen Agentur. Die Zeit im Journalismus begann für mich als freier Texter für Tageszeitungen, was mir - gottseidank! – erst Fürsprecher in der Redaktion und ein Volontariat beim ‚Holsteinischen Courier‘ in Neumünster brachte. Der Wechsel danach zur BILD nach Hamburg war aus Sicht des Vaters (SPD-Mann, Gewerkschaftsfunktionär) grundverkehrt. Es gab im Elternhaus heftige Diskussionen. Aber das Verlagshaus Axel Springer war ein wirklich guter Arbeitgeber und brachte zudem eine irre Dynamik in mein Leben. Es war die Zeit, als Budgets keine große Rolle spielten und leidenschaftliche Reporter scheinbar unendliche Möglichkeiten hatten: Ich erlebte über Wochen die Botschaftsflüchtlinge in Prag und dann – was für ein Glücksmoment! - den Mauerfall in Berlin, leistete mir für eine Reportage eine heimliche Einreise in die noch existierende DDR, was auch schief hätte gehen können. Viele Auslandseinsätze reihten sich aneinander: Israel im ersten Golf-Krieg, eine Reportage in Bagdad, die Wendezeit in Moskau und der brutale, auch für mich lebensgefährliche Jugoslawien-Konflikt, schließlich weite und entspannte Reisen durch die ganze Welt. Ich traf in Pretoria mit einer Politiker-Delegation Nelson Mandela und in einem Spielzeugladen auf Michael Jackson, interviewte Benjamin Netanjahu in der Knesset, kam Boris Jelzin ebenso nah wie Argentiniens korrupten Präsidenten Carlos Menem. In Stuttgart und Hamburg durfte ich große Redaktionen führen und erlebte den Beginn des Auflagenschwunds. Nach einem Ausflug ins BILD-Marketing, für mich als Journalist recht skurril, kehrte ich dem Konzern im Jahr 2004 dankbar den Rücken. Dem DJV blieb ich treu.
Seit 20 Jahren besteht nun die eigene Kommunikations- und Medienagentur. Unsere Auftraggeber wollen digitale oder haptische Kundenzeitschriften und Geschäftsberichte, Social-Reels oder Websites, manche auch nur PR oder die Neuorganisation ihrer Pressestelle. Als externer Pressesprecher habe ich engen Bezug zum Journalismus. Bei Mandaten der Krisenkommunikation sind die Erfahrungen von früher ausgesprochen hilfreich.
Ich habe großen Respekt vor den Kolleginnen und Kollegen, die heute oftmals unter höchstem Zeitdruck Inhalte sauber recherchieren und rund um die Uhr produzieren. Ich meine: Wir hatten damals sicher mehr Zeit, dafür aber auch kein Google und auch keine KI. Geblieben sind Neugier und Leidenschaft. Und Fragen wie diese: Wo ist die Geschichte, was willst Du wirklich erzählen, geht es noch ein bisschen besser?