Pressemitteilung zum Fall Carlo Jolly
Zwangsgeld gegen den sh:z verhängt
Gericht verlangt Rückkehr von Carlo Jolly auf seinen Arbeitsplatz – Verlag geht auch dagegen vor
Kiel, 24. Juli 2020. Das hat Seltenheitswert: Das Arbeitsgericht Flensburg hat jetzt im Fall Carlo Jolly gegen den Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlag (sh:z) ein Zwangsgeld von knapp 6500 Euro verhängt. Ersatzweise drohen Verlagsvertretern zwei Tage Zwangshaft. Damit will das Gericht auf Antrag Jollys durchsetzen, dass der Verlag den langjährigen Flensburger Lokalchef wieder an seinen Arbeitsplatz lässt, zumindest bis zum Jahresende 2020. Gegen diesen Gerichtsbeschluss wehrt sich das Medienhaus nun.
„Koste es, was es wolle - für bislang erfolglose Rechtsstreitigkeiten scheint beim sh:z noch immer genug Geld da zu sein, obwohl der Zeitungsverlag über die wirtschaftlichen Einbußen durch die Corona-Pandemie stöhnt und unter anderem auch in der Redaktion Kurzarbeit angeordnet hat“, kritisiert der Vorsitzende des DJV Schleswig-Holstein, Arnold Petersen, die immer neuen Winkelzüge, mit denen der Verlag die gerichtlich angeordnete Rückkehr Jollys in die Flensburger Stadtredaktion verhindern will. „Entweder geht es dem Verlag doch nicht so schlecht, wie er es gegenüber den Beschäftigten darstellt. Oder aber persönliche Empfindlichkeiten haben inzwischen die Oberhand über ein rationales und seriöses Geschäftsgebaren gewonnen. Beides schadet aus unserer Sicht dem Betriebsklima.“
Seit fast zwei Jahren liefert sich der Verlag einen teuren Rechtsstreit mit seinem zuvor mehrfach von den eigenen Verlegern ausgezeichneten Redaktionsleiter. Der DJV unterstützt Jolly in der Auseinandersetzung mit seinem Arbeitgeber. Auslöser war die Zwangsversetzung des heute 56-Jährigen im Sommer 2018 nach Husum. Diese erklärte das Arbeitsgericht Flensburg im Januar 2019 für unwirksam. Unmittelbar darauf erhielt Jolly eine Kündigung „aus verhaltensbedingten Gründen“. Auch die scheiterte: Im Februar bestätigte das Gericht die Position des Journalisten und seines Anwalts.
Doch statt ihn wieder in der Lokalredaktion Flensburg arbeiten zu lassen, erhielt Jolly im April eine Änderungskündigung. Zum Jahresende 2020 soll sein Vertrag als Lokalchef Flensburg enden, als Ersatz bietet der Verlag ihm erneut eine Stelle in Husum. Begründet wird dies unter anderem damit, dass es die Position in Flensburg in der bisherigen Form nicht mehr gebe, und die neu geschnittene Leitungsstelle zum Jahresanfang 2020 bereits besetzt worden sei. Als Jolly zum Mittel der Zwangsvollstreckung griff, um seine gerichtlich bestätigte Rückkehr auf seinen Arbeitsplatz in Flensburg durchzusetzen, stellte ihn der Verlag im Juni mit sofortiger Wirkung von der Arbeit frei.
„Wir haben den Eindruck, der sh:z will das Arbeitsgericht an der Nase herumführen“, kommentiert Arnold Petersen. Der Verlag kehre nach zwei Jahren wieder an den Ausgangspunkt der juristischen Auseinandersetzung zurück. Anscheinend sieht das auch die Vorsitzende Richterin am Arbeitsgericht Flensburg so. Die Freistellung im Juni sei zu Unrecht erfolgt, der Verlag könne dadurch nicht die Zwangsvollstreckung verhindern, heißt es in ihrer Beschluss-Begründung.
Der sh:z kontert mit einer Vollstreckungsabwehrklage. Auch eine Beschwerde ist noch möglich. Und noch eine Volte schlägt das Verlagshaus. Offenbar um die Behauptung zu untermauern, es gäbe gar keinen Leiter der Flensburger Stadtredaktion mehr, weist das Impressum des Flensburger Tageblatts seit kurzem keinen Leiter der Stadtredaktion mehr aus. Die Vorsitzende Richterin stellte dazu fest: „Im Augenblick hat unstreitig Herr Jolly ein Arbeitsverhältnis als Leiter der Lokalredaktion.“
Im September steht der nächste Gerichtstermin an, dann wird über die Änderungskündigung und Jollys Weiterbeschäftigung ab 2021 entschieden. Arnold Petersen hofft auf ein Einlenken: „Wir appellieren an den sh:z, diesen erfolglosen und unwürdigen Feldzug gegen einen Mitarbeiter, der seit 30 Jahren im Haus beschäftigt ist, endlich abzublasen.“
ViSdP: Bettina Neitzel