Aktueller Rechtsfall
Zu geringe Honorare: Satte Nachzahlung für Lokaljournalistin
Im Urheberrechtsgesetz ist eine angemessene Vergütung festgeschrieben – 14 Cent pro Zeile und 5 Euro pro Bild liegen drunter. (Foto: Christina Czybik)
Verlag muss über 66.000 Euro an Lokaljournalistin zahlen! Wegweisendes Urteil für freie Journalistinnen und Journalisten! Dies könnten die Schlagzeilen zu einem Urteil des Oberlandesgerichtes Nürnberg vom 29.12.2020 sein (Az. 3 U 761/20). Die Entscheidung ist mit Hilfe des Bayerischen Journalistenverbandes erstritten worden. Sie ist deshalb von besonderer Bedeutung, weil wieder ein Berufungsgericht
die Honorarsätze aus den Gemeinsamen Vergütungsregeln (GVR) für Freie an Tageszeitungen als angemessene Honorare im Sinne des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) in seinem Urteil herangezogen hat.
Der Fall: Eine freie Journalistin hatte über Jahre hinweg für eine kleinere Lokalzeitung gearbeitet. Sie erhielt ein Honorar von 14 Cent pro Zeile und 5 Euro pro Bild (jeweils netto). Paragraf 32 UrhG sieht vor, dass Urheberinnen und Urheber einen Anspruch auf ein angemessenes Honorar haben – selbst dann, wenn sie vertraglich mit niedrigeren Sätzen einverstanden waren. Auf Basis der GVR forderte die Journalistin von der Verlagsgesellschaft eine entsprechende Nachhonorierung. Sie klagte eine Nachzahlung für mehr als 1600 Artikel und mehr als 1700 Bilder vor dem Landgericht Nürnberg ein – und gewann. Der Verlag ging in Berufung – und verlor. Er muss nun 66.186,30 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer und Zinsen an die Journalistin zahlen und außerdem die Kosten des Rechtsstreits übernehmen.
Über vergleichbare Fälle hatte die NORDSPITZE schon mehrfach berichtet. Die Entscheidung aus Nürnberg ist deshalb so bedeutsam, weil der Senat klargestellt hat, dass selbst einfache, kurze Lokalmeldungen dem Urheberrecht unterfallen. Generell sind die Zeitungs- und Zeitschriftenverleger mit ihren Verbänden BDZV und VDZ der Meinung, die GVR dürften gar nicht angewendet werden, weil sie gegen europäisches Wettbewerbsrecht verstoßen würden. Das sieht das OLG mit ausführlicher Begründung dezidiert anders: „Bei Zugrundelegung der wiedergegebenen Kriterien kann der Senat auch bei Berücksichtigung des Vortrags der Beklagten nicht die Prognose anstellen, dass die GVR Tageszeitungen negative Auswirkungen auf den innereuropäischen Handel haben.“ Der Senat hat zudem das Argument des Verlages verworfen, die GVR-Honorare seien mit Blick die Umsatzrückgänge der Zeitungen nicht mehr angemessen: „Vielmehr ist davon auszugehen, dass sich die Vergütungen weiter in den Bereichen, die in den GVR Tageszeitungen jeweils als Spanne angegeben werden, bewegten.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.
Stefan Endter