Pressemitteilung
Warnstreik in Kiel gegen das Auspressen
Warnstreik in Kiel am 22.05.2018; Foto: Sven Janssen
Kiel, 22. Mai 2018 - In Schleswig-Holstein werden heute erneut die Madsack-Titel „Kieler Nachrichten", „Segeberger Zeitung“ und „Lübecker Nachrichten" bestreikt.
Der DJV hat gemeinsam mit der DJU in ver.di zu dem Warnstreik aufgerufen. Über 50 Kolleginnen und Kollegen der drei Redaktionen treffen sich zu einer zentralen Kundgebung in Kiel.
Vom Gewerkschaftshaus in der Kieler Legienstraße ziehen die freien und festangestellten Journalistinnen und Journalisten ab dem Mittag mit Transparenten zur Holtenauer Straße, eine beliebte Einkaufsstraße der Landeshauptstadt. Eine weitere Station ist das Schifffahrtsmuseum gegenüber dem NDR-Landesfunkhaus. Die Route endet auf dem Asmus-Bremer-Platz in der zentralen Fußgängerzone vor dem Verlagsgebäude der Kieler Nachrichten.
Dort legen die Streikenden auf einer Magnetfläche eine mehrere Quadratmeter große Bodenzeitung mit sinnfälligen Collagen aus. Die Schlagzeile: „(Ihre) Zeitung am Boden“. Worum es ihnen geht, dazu wollen sie während des gesamten Zuges mit Passanten sprechen, Flugblätter und Zitronen verteilen: „Ausgepresst“ steht darauf - ein Wort, das die Berufsrealität beschreibt, gegen deren Verursacher die Journalisten „aufstehen“.
„Aufstehen“ ist übrigens auch das Leitmotiv, mit dem seit Jahresbeginn sowohl die Stadt Kiel als auch, begleitend, die Kieler Nachrichten in zahlreichen Veröffentlichungen und Kampagnen des Matrosenaufstandes und der Novemberrevolution 1918 gedenken. Kiel wird in diesem Kontext zur „Wiege der Demokratie in Deutschland “ erklärt. „Jeder und jede soll sich fragen, wofür er oder sie heute aufsteht und sich stark macht", heißt es etwa.
Der erneute Ausstand in Schleswig-Holstein soll die Forderungen der Gewerkschaften in den zähen Tarifverhandlungen unterstützen und bekräftigen. Für die Streikenden ist nach 15 Jahren unterdurchschnittlicher Entwicklung ein spürbares reales Einkommensplus überfällig. „Aber es geht nicht allein ums Geld. Es geht auch um den Wert journalistischer Arbeit", kritisiert der DJV-Landesvorsitzende Arnold Petersen.
Die Zeitungsbranche habe den Strukturwandel hin zum Digitalen lange verschleppt. Jetzt wälze sie die damit verbundenen Lasten durch Stellenabbau, Sparprogramme und Arbeitsverdichtung trotz noch immer guter Geschäftszahlen einseitig auf die Mitarbeiter ab. Das gelte nicht zuletzt für den Madsack-Verlag, an dem die SPD-Beteiligungsgesellschaft ddvg mit 23,1 Prozent beteiligt ist. Der Stellenabbau in den Redaktionen - allein bei den Kieler Nachrichten sind es 28,5 Vollzeitstellen bis Ende 2018 - verschärfe die Arbeitsbelastung und das Problem fehlender Regelungen zum Umgang mit den massiv ansteigenden Überstunden. Petersen warnt: "Setzen die Verlagsmanager diesen Kurs fort, dann gibt es weniger Recherche und weniger Redakteure vor Ort."