Bei Ralf Abratis sind Hobby und Journalistenberuf verschmolzen
Regattasegeln als Leidenschaft
Ob als Redakteur, Pressesprecher oder Privatmensch: Ralf Abratis ist immer nah am Wasser. (Foto: Christian Beeck/www.segel-bilder.de)
Immer den besten Wind suchen, dabei flexibel bleiben und den Kurs korrigieren, wenn sich die Gegebenheiten ändern – daran hält sich Ralf Abratis nicht nur auf dem Wasser bei seiner großen Leidenschaft, dem Regattasegeln. Der 53-
Jährige war verbeamteter Kriminalkommissar, bevor er Journalist wurde und sich auch beruflich in der Themennische Regattasegeln etablierte. Wäre Corona nicht gewesen, hätte er gerade jetzt im Juli unter anderem als Pressesprecher der Travemünder Woche einiges zu tun gehabt.
Dank der Pandemie ist der Chefreporter der Segler-Zeitung wie die meisten anderen Journalisten im Home-Office tätig. Bei Ralf Abratis heißt das: in einem Reihenhaus im Kieler Stadtteil Wellsee, wo er auch in normalen Zeiten häufig arbeitet, wenn keine auswärtigen Termine anstehen oder er in die Redaktion nach Hamburg fährt. Bis Anfang des Jahres war Abratis noch Chefredakteur des monatlich erscheinenden Special Interest-Titels, bis er auf eigenen Wunsch von der Position zurücktrat: „Redaktionsleitung geht nicht vernünftig, wenn man nicht ständig präsent ist. Und täglich nach Hamburg fahren möchte ich nicht.“ Mit dem SVG Service Verlag, der noch diverse weitere Print- und Online-Publikationen rund um den Segelsport herausgibt, einigte sich Abratis auf eine Festanstellung in Teilzeit.Die Corona-Krise hat für den Sportjournalisten wie für viele Kolleginnen und Kollegen zwei Seiten: Entschleunigung und Zeit für Kreativität und die Familie einerseits, finanzielle Einbußen und berufliche Unwägbarkeiten andererseits. Der Verlag hat für die Redaktion der Segler-Zeitung und die Partnertitel Kurzarbeit angemeldet. Segelveranstaltungen wie die Travemünder Woche finden nicht statt. Die Kieler Woche, wo der Regatta-Spezialist ebenfalls im Pressebüro mitarbeitet, ist verschoben und wird ein verkleinertes Segelprogramm haben. Auch das internationale Projekt „Offshore Team Germany“ ist im Wartestand: „2021 wollen wir nach zwanzig Jahren Pause wieder ein in Deutschland basiertes Team beim Ocean Race an den Start bringen. Aktuell liegt die Yacht aber wegen der Corona-Beschränkungen in England fest“, bedauert der Pressesprecher dieser „Segelkampagne“. Kurze Erklärung für Nicht-Segler: Das vormals von Volvo als Namensgeber gesponserte Ocean Race ist das bedeutendste Etappenrennen der Segelwelt. „Segeln ist mein Sport von Kindesbeinen an“, erzählt Ralf Abratis in seiner sachlich-norddeutschen Art. Der Schleswig-Holsteiner wuchs in Eutin in der Holsteinischen Schweiz auf, wo das Meer zwar nicht direkt vor der Haustür liegt, aber einige große Seen und zudem eine große Polizeischule. Im Freundes- und Bekanntenkreis gab es viele Polizisten, auch der Gymnasiast Abratis bewarb sich und absolvierte die dreijährige Ausbildung zum Kriminalkommissar. Nach vier weiteren Jahren im Job stieg er aus. „Bis zum Rentenalter im gleichen Trott bleiben, das war nichts für mich.“ Sportjournalist zu werden, war sein Jugendtraum, also studierte er Sportwissenschaften, Soziologie und Öffentliches Recht in Kiel, machte daneben Praktika bei Tageszeitungen und bei NDR 1 Welle Nord, arbeitete als freier Mitarbeiter und wurde 2001 als Sportredakteur bei den Kieler Nachrichten fest angestellt.Regattasegeln als Thema habe es selbst bei den KN nicht immer leicht gehabt, erzählt Abratis. Auch sonst führte der Redaktionsalltag über die Jahre zu einiger Zermürbung. Als der Verlag 2015 Redaktionsstellen strich, nutzte er die Gelegenheit, die KN mit einem Aufhebungsvertrag zu verlassen und wieder frei zu arbeiten, jetzt nur noch im Bereich Segelsport. Ein Projekt war die eigene Website regatta-online.org. „Ohne Ahnung von Webdesign zu haben, konnte ich die Seite mit den heute verfügbaren Tools ziemlich schnell bauen. Auch die Resonanz war gut, aber die Erlöse eher gering. So eine Seite ist vor allem eine Möglichkeit, sich einen Namen zu machen und im Gespräch zu bleiben.“ Inzwischen liegt die Site auf Eis und wird nicht mehr aktualisiert.Das Hobby komplett zum Beruf zu machen, sei „ein nicht immer erfüllendes Konzept“, stellt der Familienvater fest. Zusammen mit seiner Frau und den inzwischen 18 und 20 Jahre alten Kindern mit den eigenen Hobie-Katamaranen an Regatten teilzunehmen, war lange Zeit kaum möglich – schließlich musste Abratis an den Wochenenden über die Wettbewerbe berichten. Inzwischen habe er in dieser Hinsicht „etwas umstrukturiert“. Der Vorstellung, dass Segeln und vor allem Regattasegeln vor allem etwas für Menschen mit viel Geld ist, tritt der Kieler entschieden entgegen: „Das kann man auch relativ günstig gestalten.“ Neben der großen sportlichen Liebe gibt es für ihn andere Freizeitvergnügen: Volleyball, Skifahren und Schwimmen.Sabine Spatzek