Podiumsdiskussion „Konstruktiver Journalismus: Dänischer Irrweg oder Vorbild für Deutschland?“
Podiumsdiskussion "Konstruktiver Journalismus: Dänischer Irrweg oder Vorbild für Deutschland?“
Rainer Burchardt, Merle Bornemann, Tobias Hochscherf, Jörn Radtke
„Konstruktiver Journalismus: Dänischer Irrweg oder Vorbild für Deutschland?“ Dies war das Thema einer konstruktiven, kontroversen Podiumsdiskussion, zu der die Fachhochschule Kiel und der DJV-Landesverband Schleswig-Holstein eingeladen hatten. Welche Rolle hat der Journalist, die Journalistin? Sind sie neutrale Beobachter (die in Deutschland übliche Auffassung) oder gestalten sie selbst durch ihre Berichterstattung unsere Gesellschaft mit (wie in Dänemark auf dem Vormarsch)? Merle Bornemann, Redakteurin beim Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlag (shz), die sich in ihrem Journalistik-Studium an der FH Kiel mit der Medienlandschaft in Dänemark beschäftigt hat, brachte den „dänischen Weg“ auf die kurze Formel: „Krisen kann jeder – Lösungen nicht!“ Aber ist das tatsächlich eine zentrale Frage, die den Lokaljournalismus leiten sollte? Darauf gab es bei den Diskutierenden auf dem Podium und den mehr als 50 Gästen unterschiedliche Antworten. Prof. Dr. Tobias Hochscherf von der FH Kiel bezeichnete den konstruktiven Journalismus als „eine sehr dänische Idee“. Ihr liege die Auffassung zu Grunde, Journalisten seien wie Dealer, sie gäben ihren Lesern das, wonach sie süchtig seien: schlechte Nachrichten. Der dänische Nachrichtensender DR Nyheder, der den „Konstruktiven Journalismus“ zu seinem journalistischen Verhaltenskodex gemacht hat, will gegensteuern: „Wir machen Nachrichten jetzt anders – wir machen sie konstruktiv.“ Was heißt das? „Friede-Freude-Eierkuchen“ für alle? Hochscherf stellte die Frage: „Wem sind Journalisten eigentlich verpflichtet?“ Den Lesern? Dem Verleger? Der Wahrheit? „Konstruktiver Journalismus“ sei aus Sicht der Befürworter eine Einstellung, die Leser oder Hörer ernst zu nehmen. Die üblichen schlechten Nachrichten würden nur unkritisch einen Markt bedienen. Aus Sicht der Kritiker macht der „Konstruktive Journalismus“ nichts anderes: Auch er bedient einen Markt – den für gute Nachrichten, Wohlfühloasen, gute Gefühle. Prof. Rainer Burchardt hielt dagegen: „Machen wir denn alle nur destruktiven Journalismus?“ Es sei nicht Aufgabe des Journalismus, Menschen glücklich zu machen, sondern, wie es Egon Erwin Kisch formulierte: „Berichten, was ist“. Ein erfolgreicher, erkenntnisreicher Abend. Karla Frieben-Wischer