Urheberrechtsreform
DJV: „Geringfügige Nutzung“ ein fauler Kompromiss
Bildjournalist*innen protestieren gegen die Geringfügigkeitsklausel, nach der Bilder unter der Grenze von 125 Kilobyte verbreitet werden dürfen. (Fotos: Christina Czybik (rechts), Lucja Romanowska (links))
Nach monatelangen Diskussionen liegt nun der Entwurf der Bundesregierung zur Reform des Urheberrechtes beim Bundestag. Die abschließende Entscheidung über die Vorlage war im Kabinett nach mehrfacher Vertagung im Februar gefallen. In der Sache geht es um die Umsetzung der EU-Urheberrechtsrichtlinie (sogenannte DSM-Richtlinie) in nationales Recht. Bundestag und Bundesrat müssen, um die Vorgaben aus Brüssel zu erfüllen, bis Juni eine europakonforme Rechtslage schaffen. Bis dahin haben die Vertreterinnen und Vertreter der Urheberinteressen noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten.
Zwar hat die Bundesregierung frühzeitig betont, dass die Kreativen im Mittelpunkt der Bemühungen stünden. Dennoch zeigen sich die Urheberverbände mit dem Kabinettsentwurf nicht zufrieden. So spricht der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) von einem faulen Kompromiss. Bundesvorsitzender Frank Überall kritisiert: „Die sogenannte geringfügige Nutzung ist ein fauler Kompromiss, von dem zwar die Nutzer, Facebook und Google profitieren, nicht jedoch die Urheberinnen und Urheber.“ In diesem Zusammenhang kommt auch Kritik von den Bildjournalist*innen. Doch worum geht es in der Sache? Der Gesetzentwurf enthält Änderungen im eigentlichen Urheberrechtsgesetz (UrhG). Prominentes Beispiel ist das sogenannte Verlegerleistungsschutzrecht. Hier sieht der Entwurf eine Beteiligung der Urheber*innen an den Erlösen in Höhe von mindestens einem Drittel vor. Aus Sicht des DJV sollten es 50 Prozent sein. Hinzu kommen Anpassungen im Gesetz über die Verwertungsgesellschaften. Ein zentraler Streitpunkt schon bei der Debatte über die EU-Richtlinie selbst war die urheberrechtliche Verantwortlichkeit großer Plattformen (z.B. YouTube), die mit von Nutzern hochgeladenen Inhalten arbeiten.
Die europäischen Vorgaben werden nun in einem eigenen Gesetz umgesetzt (sog. Dienstanbietergesetz). Dieses Gesetz verpflichtet – vereinfacht gesagt – dazu, dass die Plattformen von den Verwertungsgesellschaften Lizenzen erwerben. Unter bestimmten Voraussetzungen haben Urheber*innen aber das Recht, die Nutzung von rechtswidrig hochgeladenen Inhalten zu blockieren. Der Gesetzentwurf enthält jedoch eine sog. Geringfügigkeitsklausel (siehe Paragrafen 9 und 10). Danach gilt im Falle einer geringfügigen Nutzung die widerlegliche Vermutung der rechtmäßigen Nutzung. Als geringfügig gelten beispielsweise Textauszüge von bis zu 160 Zeichen oder Fotos bis zu 125 Kilobyte. Allerdings ist auch die geringfügige Nutzung über die Verwertungsgesellschaften kostenpflichtig. Aus Sicht des DJV muss der Gesetzgeber in die Reform auch ein effektives Verbandsklagerecht aufnehmen. Damit werden Urheberverbände wie der DJV in die Lage versetzt, Verlage zu verklagen, wenn sie Journalist*innen Honorare zahlen, die nicht angemessen
im Sinne des Paragrafen 32 UrhG sind. Zu dieser Frage hat der DJV ein wissenschaftliches Gutachten vorgelegt (https://bit.ly/3i54fbi).
Stefan Endter