Gemeinsame Vergütungsregeln
Bundesgerichtshof kassiert Urteil
Manchmal hilft der lange Atem: Ein freier Sportjournalist hatte für die Potsdamer Neuesten Nachrichten (PNN) von Februar 2010 bis Mitte Mai 2011 genau 275 Artikel verfasst. Er erhielt ein Anstrichhonorar in Höhe von 40 Cent pro Zeile. Nach den Gemeinsamen Vergütungsregeln für Tageszeitungen (GVR) hätten 55 Cent bezahlt werden müssen.
Der Sportjournalist berief sich auf sein Recht auf Zahlung eines angemessenen Honorars gemäß Paragraf 32 Urheberrechtsgesetz (UrhG) und erhob Klage vor dem Landgericht in Potsdam. Das wies die Klage ab. Auch das Berufungsverfahren vor dem Brandenburgischen Oberlandesgericht (OLG) führte nicht zum Erfolg. Das Kernargument: Die Vergütungsregeln seien weder direkt noch indirekt (indiziell) anwendbar. Zwar seien die GVR zwischen dem Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) einerseits und dem DJV und Verdi verhandelt und abgeschlossen worden. Der BDZV habe aber lediglich als bevollmächtigter Vertreter der westdeutschen Verleger verhandelt. Daher sei der Verlegerverband im Sinne des Gesetzes nicht repräsentativ. In den Verhandlungen seien auch die Besonderheiten des ostdeutschen Zeitungsmarktes nicht berücksichtigt worden. Deshalb könnten die Vergütungsregeln bei der Bestimmung des angemessenen Honorars auch nicht indiziell herangezogen werden.
Der Kläger zeigte Ausdauer und brachte den Fall mit dem Rechtsschutz des DJV via Revision zum Bundesgerichtshof (BGH). Und der BGH kam jetzt zu einer bemerkenswerten Entscheidung. Das OLG-Urteil wurde aufgehoben und die Sache zurückverwiesen. Begründung: "Nach diesen Maßstäben scheidet eine vom Berufungsgericht angestellte formale Betrachtung dahingehend aus, dass gemeinsame Vergütungsregeln mit bundesweiter Bedeutung allein durch bundesweit tätige Vereinigungen abgeschlossen werden und regional tätige Verbände nur im Hinblick auf ihr Regionalgebiet repräsentativ sein können... Die Revision rügt mit Recht, das Berufungsgericht habe solche relevanten regionalen Besonderheiten zwar angenommen, insoweit aber keine nachvollziehbaren Feststellungen getroffen." Damit hat der BGH klar gemacht, dass allein der Umstand, dass die ostdeutschen Zeitungsverleger den BDZV nicht bevollmächtigt haben, die Anwendbarkeit der GVR nicht ausschließt.
Stefan Endter
aus: Nordspitze 1/2017